Klostergeschichte
Der Heilige Pirmin gründete 724 das Kloster Reichenau. Es wurde zu einem der wichtigsten religiösen, kulturellen und politischen Zentren des Mittelalters. In den Bibliotheken sammelte sich das Wissen der Menschheit. Berühmt ist der detailgenaue Klosterplan, der auf der Reichenau entstand, in St. Gallen aufbewahrt wird und heute auf der mittelalterlichen Baustelle des Campus Galli bei Meßkirch umgesetzt wird. Oder auch der "Hortulus" von Abt Walahfrid Strabo, der erste Ratgeber zum Thema Gartenbau, in dem 24 Heil- und Küchenkräuter beschrieben sind. Der entsprechende Garten wird bis heute unweit des Münster gepflegt und steht Besuchern offen.
Das Goldene Zeitalter
Mit Abt Waldo (786-806) begann das goldene Zeitalter auf der Reichenau. Durch ihn wurde der Ruhm der Klosterschule und der Bibliothek begründet. Sein Nachfolger, ein ebenso einflussreicher wie kunstliebender Mann war Abt Heito I. (806-823). Auf die Äbte Erlebald (823-838) und Ruadhelm (838-842) folgte der Höhepunkt der Abtei unter Abt Walahfrid Strabo (842-849). Politisch gelangte die Reichenau unter Abt Hatto III. (888-913) zu einer einzigartigen politischen Macht. Um 1000 entstanden in der Kirche St. Georg die acht Bildfelder des Mittelschiffes im ottonischen Stil, deretwegen St. Georg zu den Kunststätten abendländischen Ranges zählt. Unter den Äbten Eggehard I., Ruodman und Witigowo erreichte die Reichenauer Buchmalerei ihren künstlerischen Höhepunkt. Hermann der Lahme (geb. 1013, gest. 1054), Mönch der Reichenau, war bereits zu Lebzeiten eine berühmte Persönlichkeit. Mit ihm endete gleichfalls die glanzvolle Zeit der Benediktiner-Abtei Reichenau.
Niedergang und Auflösung
Durch eine Verfügung unter Abt Friedrich von Wartenberg (1427-1453) wurde das dem Hochadel vorbehaltene Kloster auch dem niederen Adel zugänglich.
Mit Markus von Knöringen 1508-1516 und 1523-1540 Abt des Klosters endet die Abtei Reichenau. Sie wurde gegen ein Entgelt an den Konstanzer Bischof Johann III. von Weeze verkauft, der durch Karl V. mit dem Reichslehen der Abtei belehnt wurde. Als Priorat bestand das Kloster weiter, bis es 1757 aufgelöst wurde.
Kirchen
Während diese Klosteranlage nur noch in unterirdischen Spuren erhalten ist, können wir die Entwicklungsstufen der Abteikirche bis heute nachvollziehen. So stammen das östliche Querhaus und die Vierungsbögen aus der im Jahr 816 geweihten dreischiffigen Kreuzbasilika, die Abt Heito I. errichten ließ. Während Heitos Vierungsbau für lange Zeit unverändert blieb, wurde der Westteil der Abteikirche mehrfach umgebaut. Sein heutiges Erscheinungsbild erhielt das Westwerk unter Abt Berno. Es wurde kurz vor seinem Tod im Jahr 1048 in Anwesenheit Kaiser Heinrichs III. geweiht.
Nach dem Niedergang der Abtei setzt erst mit Abt Friedrich von Wartenberg (1427-1435) wieder ein geregeltes monastisches Leben ein. Er begann mit dem Bau des gotischen Chors im Osten des Münsters, der aber erst mit der Ausmalung 1555 vollendet wurde. Nach der Inkorporation in das Bistum Konstanz im Jahr 1540 bestand das Kloster als Priorat weiter. Fürstbischof Jakob Fugger ließ von 1605 bis 1610 neue Konventsgebäude auf der Südseite des Münsters errichten. Nach der Fertigstellung der Anlage wurde das "Alte Kloster" auf der Nordseite abgebrochen. Das Kloster wurde 1757 aufgelöst. Die Fuggerschen "neuen" Konventsgebäude dienen heute als Pfarrhaus und Sitz der Gemeindeverwaltung. Im dazugehörigen weitläufigen Keller keltert der Winzerverein den Reichenauer Wein.
In der Schatzkammer des Münster sind zahlreiche Reliquienschreine und weitere Kultgegenstände aus dem 5.-18. Jahrhundert zu sehen.
Hatto, der 896 mit König Arnulf zu dessen Kaiserkrönung nach Rom gereist war, erhielt dort von Papst Formosus das Haupt des hl. Georg. Er ließ die Reliquie auf die Reichenau bringen, wo sie ihren Platz in der Krypta der neuerrichteten Kirche fand. Mit dem heutigen Bau stehen noch große Teile der ursprünglichen Basilika.
Acht großflächige, mehr als 4 m breite und über 2 m hohe Wandbilder im Mittelschiff zeigen Wundertaten Jesu und illustrieren die Macht Jesu über Naturgewalten, Krankheiten, Leben und Tod.
Die Wandbilder entstanden Ende des 10. Jahrhunderts. Sie gehören damit zu den frühesten Zeugnissen ihrer Art nördlich der Alpen und stehen in engem Zusammenhang mit der im Reichenauer Skriptorium entstandenen Buchmalerei, die ebenfalls um 1000 ihren Höhepunkt erreichte.
Die nach ihrer Entstehungszeit zweitälteste Kirche der Insel ist St. Peter und Paul. Als Gründung des ehemaligen Bischofs Egino von Verona, der aus alemannischem Adelsgeschlecht stammte, wurde sie 799 geweiht.
Die Kirche, wie sie heute besteht, ist eine dreischiffige Basilika. Sie wurde im 11. Jahrhundert nach dem Abbruch der alten Peterskirche zum Teil auf den alten Grundmauern errichtet. Ihr Innenraum war schon zu Beginn mit reichen Malereien ausgestattet. Die heute noch sichtbare Malerei in der Apsis stammt aus den Jahren 1104-1105 und ist in drei Zonen gegliedert. In der obersten Zone ist die Majestas Domini dargestellt, begleitet von den vier Evangelistensymbolen. Rechts und links huldigen Petrus und Paulus. In der mittleren Zone finden sich die zwölf Apostel, darunter sind Propheten abgebildet. Um 1750 erfuhr die Kirche eine umfassende Neugestaltung im Rokoko-Stil.